Jérémie Gindre
échanges
Herausgegeben von Schweizerischer Kunstverein (SKV/SSBA)
Vol. 14 Jérémie Gindre

Jérémie Gindre

Dieser Artikel steht derzeit nicht zur Verfügung!
Vergriffen 18.00 CHF
inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Das war eine der seltsamsten Nächte meines Lebens. Ich war zu Besuch bei meinem Freund Pit in Biel. Gegen Mitternacht sagte er: Ich habe da noch ein paar Pilze.

Photo: Stephan Rohner Psilocybin, magic mushrooms. Er zerkleinerte sie und machte uns in zwei Gläsern ein braunes Gebräu damit. Das tranken wir, warteten ein bisschen, und dann dachten wir beide ans Burgund. Herbstbäume, alte Schlösser mit Weinkellern, Nebel über dem Kanal, Laubfeuer, Dijon-Senf. Wir gingen die Treppe herunter, setzten uns in seinen alten crèmefarbenen Mercedes und fuhren los. Nach einiger Zeit war es, als ob wir nicht mehr fuhren; die Frontscheibe verwandelte sich in eine Breitleinwand, auf der Landschaften vorbeiflitzen. Wir hörten Prince, «The Cross», und es war, als ob er direkt zu mir, und nur zu mir, spräche. Pit und ich diskutierten, aber unser Gespräch wurde nach und nach immer telepathischer. Kurze Andeutungen genügten, und ich wusste genau, was er meinte. Er sagte etwa: «Schöne Blumen am Wegrand...», und es war, als ob ich in sein Gehirn blickte und all die tausend Assoziationen simultan mitverstand, die für ihn mit diesen wenigen Worten verbunden waren. Auch brachten mich die meisten seiner Äusserungen zum Lachen, weil ich immer gleich merkte, wodurch sie, neben dem konkreten Anlass, auch noch motiviert waren, und diese unterschwelligen Gründe waren alles andere als salonfähig. Freud hätte seine wahre Freude daran gehabt.

Collection du Museo de Arte Moderno. Buenos Aires Myzelien. Pilze sind unterirdisch durch Myzelien verbunden, und - verstand ich plötzlich - mit den Menschen war es ebenso. Nur verdrängte man das normalerweise. Dabei wäre auch gewöhnliche Kommunikation ohne diesen Schuss Telepathie - oder Intuition - gar nicht möglich. Telepathie ist allgegenwärtig, soziales Leben wäre ohne sie zum Scheitern verurteilt. Sind diese Gedanken nachvollziehbar? Für mich selbst sind sie - zwanzig Jahre später - nicht mehr so evident, aber damals waren sie es.

Bevorstehende Veranstaltungen

Bibliographische Angaben

Reihe échanges
Seitenanzahl 39 arabisch
Abbildungen 17 farbig
Format 14.8 x 21 cm
Bindung Buch, Broschiert
ISBN 978-3-7965-2102-7
Erscheinungsdatum 31.08.2005

Autor/in

Der Schweizer Kunstverein versteht sich als Fachorganisation regionaler Kunstvereine und Kunstgesellschaften der gesamten Schweiz. 1806 gegründet, ist er eine der ältesten, durchgehend wirkenden Organisationen zur Förderung der Kunst in Europa.