Scripta volant, verba manent
Alfred Messerli, Roger Chartier (Hg.)

Scripta volant, verba manent

Schriftkulturen in Europa zwischen 1500 und 1900 / Les cultures de l'écrit en Europe entre 1500 et 1900

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Lesen und Schreiben sind Kulturtechniken, die im Laufe der Geschichte ganz unterschiedliche Ausprägungen erfahren haben. Sie lassen sich etwa an den handschriftlichen Zeitungen im Venedig des 18. Jahrhunderts, am Diskurs über die Möglichkeiten einer manuskriptgestützten Kommunikation und an der Entwicklung des Titelblattes gedruckter Bücher vor und nach 1500 nachweisen. Der vorliegende Band vereint 25 Beiträge, die die Schriftkulturen in Europa zwischen 1500 und 1900 untersuchen. Dabei stehen Schriftkultur, Kommunikationssysteme, Mündlichkeit und populäre Lesestoffe im Zentrum. Das Themenspektrum reicht vom Verhältnis von Schriftkultur und Volkskultur am Beispiel gereimter Ritterepen im frühneuzeitlichen Italien über die Aufnahme mündlicher Zauberformeln in populären Drucken bis hin zu populären Erzählstoffen wie dem Maister Grillo oder dem deutschen Eulenspiegel in ihrer wiederholten redaktionellen Bearbeitung.

Der Frage nach dem Spannungsverhältnis von Mündlichkeit und Schriftkultur wird anhand der Lesestoffe für den «Gemeinen Mann» in Dänemark im 17. Jahrhundert, der Vorlesekultur in einer bäuerlichen Kultur im Ungarn der Frühen Neuzeit, des Tagesschrifttums im England des späten 17. Jahrhunderts und der Vorlesepraktiken im 18. und 19. Jahrhundert in der Schweiz nachgegangen.

Die Beziehungen von Handschrift und Buchdruck einerseits und von Handschrift und Gedächtnis andererseits sind das Thema von Aufsätzen über spanische Schreibmeisterbücher, venezianische Familienchroniken und die Publikation italienischer Briefeditionen des 16. Jahrhunderts. Ebenso werden Schreibtafeln in Spanien, eine Art frühneuzeitliches Notizbuch, und ihre Bedeutung für das Gedächtnis behandelt; daneben der ausserordentliche Fall des «Graffitomanen» Rétif de la Bretonne und ein Korpus anonymer Briefe des 19. Jahrhunderts. Ein Aufsatz untersucht das Phänomen der bäuerlichen Rezeption von Torquato Tassos Gerusalemme liberata in Italien und in Korsika zwischen dem 16. und dem 20. Jahrhundert. Am Beispiel von Briefwechseln, der Sonette Shakespeares, der niederländischen Tagebuchkultur des 17. Jahrhunderts sowie der Briefkultur südafrikanischer Wanderarbeiter um 1900 ergründen Aufsätze den Zusammenhang von Schriftkultur und der Konstruktion des Selbst.

«Scripta volant, verba manent» – unter diesem Titel wirft der vorliegende Band die Frage auf, ob nicht – abweichend vom lateinischen Sprichwort von der bleibenden Schrift und den verfliegenden Worten – eher das gesprochene Wort von Dauer sei.

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Bibliographische Angaben

Seitenanzahl 536 arabisch
Zeichnungen 3
Abbildungen 40 s/w, 6 farbig
Format 17.2 x 24.6 cm
Bindung Buch, Leinen mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-7965-2315-1
Erscheinungsdatum 21.11.2007

Autor/in

Alfred Messerli, geb. 1953, Studium der Literatur (Germanistik, Europäische Volksliteratur) und der Sozialgeschichte; Habilitation über Lese- und Schreibpraktiken in der Schweiz 1700 bis 1900, unterrichtet an der Universität Genf.

Roger Chartier, geb. 1945, Studium der Geschichte. Gastprofessur an zahlreichen Universitäten in den USA, Kanada, der Schweiz, Italien und Deutschland, seit 1984 Directeur d’Etudes der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris.