DirigentenBilder
Resonanzen · Basler Publikationen zur Älteren und Neueren Musik
Herausgegeben von Musikwissenschaftliches Seminar der Universität Basel
Bd. 3 Arne Stollberg, Jana Weißenfeld, Florian Henri Besthorn (Hg.)

DirigentenBilder

Musikalische Gesten - verkörperte Musik

Lieferbar 68.00 CHF
inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten

Kommt dem Dirigieren performative Qualität zu? Handelt es sich um einen theatralen Akt, einen ‹Tanz am Pult›, der selber ästhetischen Wert besitzt und sich nicht auf die Funktion bloßer Zeichengebung für das Orchester reduzieren lässt? Geht es (auch) darum, die unsichtbaren Töne und Tonfolgen durch Gesten sichtbar zu machen, ihnen buchstäblich einen Körper zu leihen? Und in welchem Verhältnis stehen die Gesten wiederum zu jener ‹Interpretation›, die ihnen als hörbares Resultat entspringt? – Diese und andere Fragen bilden den Fokus des vorliegenden Bandes, der sich dem Phänomen des Dirigierens sowie der Figur des Dirigenten und der Dirigentin vom Mittelalter bis zur heutigen Zeit widmet. Er versammelt historische, systematisch-empirische und kulturwissenschaftliche Beiträge an der Schnittstelle verschiedenster Disziplinen, gebündelt unter der Denkfigur, dass der stumme ‹Luftsortierer› nicht nur als ‹Regisseur› musikalischer Verläufe fungiert, sondern in gewisser Weise auch als ihr ‹Darsteller›.
Die titelgebenden DirigentenBilder implizieren dabei eine doppelte Perspektive. Auf der einen Seite stehen die vom Dirigenten selbst hervorgerufenen Bilder: Welche kinetischen Visualisierungen von Musik sind mit deren gestischer Umsetzung beim Dirigieren verbunden, und wie gestaltet sich die Beziehung zwischen dem Körper des Dirigenten und dem ‹Klangkörper› des Orchesters? Auf der anderen Seite sind aber auch diejenigen Bilder – ‹Images› – relevant, die sich von der traditionsreichen Figur des Maestro im kulturellen Gedächtnis gespeichert haben: Welche Funktionen wurden dem Dirigenten zugesprochen, wie haben sich die Vorstellungen und Klischees über ihn im Laufe der Zeit verändert, und welchen Einfluss übten die sich wandelnden Formen der medialen Inszenierung aus, von der Karikatur bis zum Film?

Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Introduktion
Arne Stollberg: «Mimische Ausdruckshandlungen». Der Dirigentenkörper im anthropologischen Musikdiskurs des 19. und 20. Jahrhunderts
Historisches
Stefan Morent: Körper, Geste, Gebärde in der Musik des Mittelalters
Jörg-Andreas Bötticher: Bloß des Takts wegen dastehen. Rhythmische Orientierung und Ausdruck in Dirigiergesten des 17. und 18. Jahrhunderts
Christoph Riedo: «La main doit […] representer aux yeux une image de la cadence que l’oreille doit entendre». Das Taktschlagen und seine klanglichen Auswirkungen auf die Aufführung in der Barockzeit
Nina Noeske: Steuermänner versus Ruderknechte. Franz Liszt als Pultvirtuose
Hans-Joachim Hinrichsen: «Dirigentenpantomimik». Hans von Bülow als erster Dirigent der Moderne?
Lena-Lisa Wüstendörfer: Gelebte Klänge. Gesten im Spannungsfeld von Chor und Orchester
Systematisches
Nepomuk Riva: «Buhm, buhm, buhm! Nicht so leichtsinnig: bah, bih …». Lautmalereien und Gestik von DirigentInnen in Orchesterproben
Clemens Wöllner: Innere Bilder. Handlungsrepräsentation und Wahrnehmungskompetenz in der Orchesterleitung
Hartmut Hein: «Jedes Notenzeichen ist das Bild eines Schlages». Zur Gestik der musikalischen Schrift in Adornos Interpretationstheorie
Nicola Gess: Zur Geste bei Mahler. Unterbrechungen mit Benjamin
Florian Henri Besthorn: visible music – Dirigent und Publikum als vermeintlich stumme ‹Klangspieler›
Kulturwissenschaftliche Perspektiven
Cornelia Bartsch: «Pultvirtuose» und «Lady of the bâton». Vergeschlechtlichte Körperbilder des Dirigierens
Arne Stollberg: Klang-Körper. Auf der Suche nach einer musikalischen Physiognomik
Jana Weißenfeld: Von sichtbaren Schöpfungsakten und archivierten Gesten. Bewegte Dirigentenbilder im Konzertfilm
Peter Moormann: Gustavo Dudamel – Maestro Estatico?
Mariama Diagne: Klang-Körper dirigieren. Gesten der Vermittlung im zeitgenössischen Tanz bei Xavier Le Roy und Jonathan Burrows & Matteo Fargion
Coda
Peter Gülke / Ulrich Mosch: «Die Musik ist aus, eure Pfoten haben gefälligst unten zu sein!». Ein Gespräch zwischen Peter Gülke und Ulrich Mosch
Autorinnen und Autoren
DVD-Beilage
Siglen
Personen- und Werkregister

Bevorstehende Veranstaltungen

Bibliographische Angaben

Reihe Resonanzen · Basler Publikationen zur Älteren und Neueren Musik
Seitenanzahl 503 arabisch
Abbildungen 109 s/w
Info 15 Notenbeispiele
Format 16.5 x 24.5 cm
Bindung Buch, Gebunden
ISBN 978-3-7965-3478-2
Erscheinungsdatum 30.11.2015

Autor/in

Arne Stollberg, geb. 1973. Studium der Musikwissenschaft sowie der Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Frankfurt am Main. Promotion 2004 und Habilitation 2010 an der Universität Bern. 2012 bis 2015 Inhaber einer Förderungsprofessur des Schweizerischen Nationalfonds am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Basel mit dem Projekt Hörbare Gebärden – Der Körper in der Musik. Seit April 2015 Professor für Historische Musikwissenschaft am Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.

Jana Weißenfeld, geb. 1986. Studium der Musikwissenschaft, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft sowie der Mittleren und Neueren Geschichte an der Universität zu Köln. Sie ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projekts Hörbare Gebärden – Der Körper in der Musik des Schweizerischen Nationalfonds, von Oktober 2012 bis Mai 2015 an der Universität Basel, seither an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Florian Henri Besthorn, geb. 1984. Studium der Musikwissenschaft, Neueren deutschen Literaturwissenschaft und Älteren deutschen Philologie an der Universität des Saarlandes. Seit Oktober 2012 arbeitet er an einer Dissertation zur Bedeutung des Körpers im Werk von Jörg Widmann, als Teil des Projekts Hörbare Gebärden – Der Körper in der Musik des Schweizerischen Nationalfonds an der Universität Basel.